Sonntag, 14. September 2014

Herr von Ribbeck und seine Birnen




Der Herbst beginnt.
Jetzt kann man überall schöne Birnen kaufen.

Wenn ich Birnen sehe, 
dann denke ich oft an ein Gedicht.
Ich habe es als Kind zum ersten mal gehört.
Von unserer Nachbarin, Tante Emmi...
Später habe ich es auch in der Schule gelesen.

Bild: Eine Birne.
Foto: Wikimedia Commons

Das Gedicht erzählt von Herrn von Ribbeck.

Herr von Ribbeck war ein Guts-Herr.
Er lebte auf dem Gut Ribbeck.
Das Gut lag im Havel-Land.
Das ist im Westen von Berlin.


Das war sein Haus:


Bild: Das alte Landhaus Ribbeck. Maler: Theodor Hennicke/ 
Sammlung Duncker. / Foto: Wikimedia Commons

 


Das Gedicht beginnt so:  


"Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havel-Land,
ein Birnbaum in seinem Garten stand..." 
 
Also: 
Herr von Ribbeck hatte einen Birn-Baum.
Im Herbst wurden die Birnen reif.
Sie leuchteten wie kleine Lampen.
Man sah sie schon von weitem.


"Und kam die goldene Herbstes-Zeit,
und die Birnen leuchteten weit und breit,
dann..."

...dann nahm Herr von Ribbeck jeden Mittag ein paar Birnen vom Baum
und steckte sie in seine Mantel-Taschen.
Er machte beide Taschen voll.
Dann ging er aus.                                  

Bild: Birnen am Baum
 Foto: 4028mdk09 / Wikimedia Commons

Wenn er einen Jungen in Holz-Schuhen sah,
dann rief er:
"He, Junge! Willst Du eine Birne?
Und wenn ein Mädchen kam,
dann rief er:
"Komm her, Kleine! Ich habe eine Birne für Dich!"

Das tat Herr von Ribbeck viele Jahre lang.
Dann wurde er alt.
Eines Tages merkte er: 
"Bald muss ich sterben!"

Es war gerade Herbst geworden. 
Die Birnen waren reif.
Herr von Ribbeck sagte zu seiner Familie:
"Legt eine Birne in mein Grab!"
Drei Tage später starb er.







Bild: Ein Begräbnis, 2005.
Foto: Monster4711 / Wikimedia Commons.


Es gab ein großes Begräbnis.
Alle Leute aus dem Dorf waren da.
Sie sangen schöne Lieder.

Aber die Kinder waren traurig.
Sie klagten:
"Herr von Ribbeck ist tot.
Wer gibt uns jetzt Birnen?"

Denn der Sohn von Ribbeck war sehr sparsam.
Nein. Er war nicht nur sparsam.
Er war knauserig!
Er schenkte den Kindern niemals Birnen. 

"Der neue freilich, der knausert und spart,
hält Park und Birnbaum strenge verwahrt... "

Der alte Herr von Ribbeck hatte das vorher gewusst.
Deshalb hatte er vor-gesorgt!
Er ....


"... wusste genau, was damals er tat, 
als um eine Birn´ ins Grab er bat.
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus
ein Birnbaumsprößling sproßt heraus."


Bild: Ein Sprößling. 
(Eine junge, kleine Pflanze.)
Foto: Alanzon, Wikimedia Commons.
Also: 
Nach drei Jahren
kam aus dem Grab            
ein ganz kleiner Birnbaum-Sprößling.
                               
Der Sprößling wurde größer ..

... und größer

...und schließlich stand ein großer Birnbaum über dem Grab!


Im Herbst leuchteten die Birnen.
Und wenn ein Kind vorbei ging,
dann flüsterte der Baum:
"Komm her! Ich habe eine Birne für Dich!"

So verschenkt Herr von Ribbeck immer noch Birnen.

"So spendet Segen noch immer die Hand
des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland."


Theodor Fontane (1819 - 1898)



Die Deutschen und das Gedicht "Herr von Ribbeck"


Vor einigen Jahren gab es in Deutschland eine Umfrage:
"Was ist Ihr liebstes Gedicht?"
Sehr viele Leute antworteten:
"Ich mag Fontanes Herr von Ribbeck  am liebsten."

Ich habe nur Teile von dem Gedicht aufgeschrieben.
Die anderen Teile sind ziemlich schwer.
Fontane hat nämlich Dialekt-Wörter benutzt 
und komplizierte Sätze gemacht.

Aber die Familie von Ribbeck hat eine Website.
Dort findet man das ganze Gedicht.
Nicht nur auf Deutsch, 
sondern auch in einigen anderen Sprachen! 
Hier ist der Link: 

http://www.vonribbeck.de/html/gedicht.html


Und hier kann man das Gedicht als Rap hören:
http://www.youtube.com/watch?v=qPt0JUghYO0&feature=kp

Auch Jugendliche mögen nämlich dieses Gedicht ...



Der Dichter: Theodor Fontane

 



 Bild: Theodor Fontane (1819 - 1898)
Maler: Carl Breitbach. 
Foto: Wikimedia Commons


Theodor Fontanes Vorfahren stammten aus Frankreich.
Sie verließen Frankreich aus religiösen Gründen
und kamen als Flüchtlinge nach Deutschland.

Fontanes Vater war Apotheker in der Stadt Neuruppin. 
Das ist im Land Brandenburg.
Dort wurde Theodor Fontane geboren.
Viele von seinen Geschichten spielen in dieser Gegend.

Fontane hat die Menschen sehr genau beobachtet.
Das war einfach für ihn.
Er war nämlich auch Apotheker.
Wie sein Vater.
Jeden Tag sprach er mit vielen Leuten.

In seinen Texten beschreibt er ganz genau,
was die Leute sagen und tun.
Doch beim Lesen merkt man manchmal:
Die Leute meinen eigentlich etwas anderes.
Und sie würden lieber etwas anderes tun.
Aber sie sind in gesellschaftlichen Regeln gefangen.

Fontane sah diese Regeln kritisch.
Er kritisierte, indem er genau beschrieb.

In seinen Gedichten erzählt Fontane oft vom Alltag -
Von kleinen Ereignissen, die jeder kennt.
Und er berichtet von alten Geschichten,
die er gehört hat.

Die Geschichte von Herrn von Ribbeck war auch alt.
Als Theodor Fontane geboren wurde, 
war Georg von Ribbeck schon über 50 Jahre tot.

Auch andere Autoren haben Ribbecks Geschichte aufgeschrieben.
Aber Fontane hat es am schönsten gemacht. 

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