Vor einigen Tagen habe ich geschrieben:
Viele Leute lieben die Zeit zwischen den Jahren,
denn diese Zeit ist so ruhig.
Aber es gibt einen alten Glauben:
Zwischen den Jahren öffnen sich die Türen zum Jenseits.
Götter und Geister kommen in unsere Welt.
In den Nächten bringen sie alles durcheinander.
Der Gott Wodan kommt aus dem Jenseits. Bild: Friedrich Wilhelm Heine (1845-1921) Public domain/ Wikimedia Commons |
Diese Nächte nennt man die "Raunächte".
Die Raunächte dauern länger als die "Zeit zwischen den Jahren".
Sie beginnen auch an Weihnachten,
aber sie enden erst am 6. Januar.
Warum?
Der Glaube an die Raunächte ist sehr alt.
Er kommt aus der Zeit vor dem Christentum.
Weihnachten ist zur gleichen Zeit wie die Sonnenwende.
Die Sonnenwende hat man früher gefeiert.
Und am 6. Januar fing früher einmal das Jahr an.
Nicht am 1. Januar, wie heute.
Von Weihnachten bis zum 6. Januar gibt es 12 Raunächte.
Vielleicht kennen Sie das Stück „Twelfth Night“ von William Shakespeare?
Dieses Stück spielt in der zwölften Raunacht.
Alles kommt total durcheinander.
Aber am Schluss wird alles gut.
Denn nach der zwölften Raunacht verschwinden die Geister.
Sie gehen zurück ins Jenseits.
Die Raunächte waren in Deutschland fast vergessen.
Aber in den letzten Jahren wurden sie wieder populär.
Die Leute feiern sie so:
Sie stellen in nachts ein Licht ins Fenster.
Sie „reinigen“ die Wohnung mit Rauch.
Sie bezahlen alle Schulden vom letzten Jahr.
Sie denken über das alte Jahr nach
und machen zwölf gute Wünsche für das neue Jahr.
Manche machen draußen Feuer
oder gehen mit einer Fackel um ihr Haus.
In manchen Orten gehen Männer mit Masken durch die Straßen.
Das soll die Geister vertreiben.
Ein Feuer (das Feuer, -). Foto Dirk Beyer, CC BY-SA 3.0 <http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/>/ Wikimedia Commons |
Warum werden die Raunächte wieder populär?
Viele Leute wenden sich vom Christentum ab.
Aber sie möchten trotzdem die Jahreswende feiern.
Deshalb greifen sie auf diesen alten Glauben zurück.
Aber es gibt noch einen anderen Grund:
In Deutschland denken immer mehr Menschen sehr nationalistisch:
"Deutschland zuerst!"
Sie denken: "Die Deutschen sollten ihre eigene Kultur bewahren.
Das Christentum kommt aus dem Nahen Osten.
Es gehört nicht zur deutschen Kultur!"
Deshalb lieben diese Leute vor-christliche Bräuche wie die Raunächte.
Diese Leute denken leider oft:
Wenn Menschen aus dem Ausland kommen,
vor allem wenn sie nicht weiß sind,
sollten sie nicht in Deutschland leben.
Wollen Sie mit anderen Leuten Raunächte feiern?
Dann fragen Sie lieber vorher nach:
Wer organisiert die Feier?
Gehen sie nur zu Feiern, wo Sie sicher und willkommen sind.
Wortliste
rau - wenn man es mit der Hand berührt, ist es nicht glatt und weich. Zum Beispiel: Die Wand ist rau.
glauben = denken: "Es ist so".
der Glaube (nur Singular) = (Substantiv von:) glauben. Auch: Die Religion.
ein ạlter Glaube = der Glaube ist alt /den Glauben gibt es schon lange.
Mịtten im Wịnter = in der Mitte von dem Winter.
der Gọtt, ̈-er = Wesen. Es ist höher und mächtiger als ein Mensch.
der Geist, - er = Wesen ohne Körper / Tote Menschen, die zurück kommen.
das Jenseits (nur Singular) = die andere Welt /die Welt, die wir nicht sehen können.
durcheinạnderbringen, brạchte durcheinạnder, durcheinạnder gebrạcht = die Ordnung zerstören/ Chaos machen.
die Raunächte (pl.)= die Nächte zwischen dem 24. Dezember und dem 6. Januar.
die Sonnenwende, -n = Es gibt zwei Sonnenwenden im Jahr. Nach der Sommer-Sonnenwende werden die Tage kürzer. Nach der Winter-Sonnenwende werden sie wieder länger.
früher einmal = vor langer Zeit.
das Stück, -e = (hier:) das Theaterstück, das Drama.
die zwölfte Raunacht = die Raunacht Nr. 12.
verschwịnden, (verschwạnd, verschwunden) = nicht mehr da sein.
vergẹssen sein (war vergẹssen) = so sein, dass die Leute es nicht mehr wissen.
populär = beliebt/ so, dass viele Leute es gern mögen.
nạchts = jede Nacht.
der Rauch (nur Singular) = Wenn man Feuer macht, geht Rauch in die Luft.
die Schụlden (pl.) = Geld. Man hat es von jemand bekommen und muss es zurückgeben.
der gute Wụnsch, ̈-e = Wenn man wünscht: "Anderen Menschen soll es gut gehen".
die Fạckel, -n = Ein Ding aus Holz. Es ist lang. Man macht Feuer an einem Ende. das andere Ende nimmt man in die Hand. So kann man das Feuer tragen und Licht haben.
die Mạske, -n = Ein Gesicht aus Holz oder Pappe.
vertreiben (vertrieb, vertrieben) = machen, dass jemand weg geht.
das Chrịstentum (nur Singular) = die Religion von den Christen.
sich ạbwenden (wạndte sich ạb, hat sich ạbgewandt) = etwas nicht mehr gerne mögen und deshalb nicht mehr mitmachen.
die Jahreswende, -n = Das Ende von einem Jahr und der Anfang vom nächsten Jahr.
auf etwas zurückgreifen (grịff zurück, zurückgegriffen)= eine Methode von früher wieder benutzen.
die Kultur,-en = Wie die Leute in einer Gruppe leben, essen, welche Religion sie haben, welche Musik sie machen, wie sie andere Menschen behandeln - das alles ist ihre Kultur.
der Nahe Ọsten = Land. Jesus hat dort gelebt.
vor-chrịstlich = so, dass es schon da war, bevor es das Christentum gab.
der Brauch, e = Eine Sache, die viele Menschen immer wieder so machen. Zum Beispiel: an Weihnachten einen Christbaum aufstellen.
Bräuche wie ... = solche Bräuche
leider = es ist traurig, aber es ist so
die Feier = das Fest.
sịcher = so, dass nichts passieren kann.
Liebe Leute,
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