Sonntag, 3. Mai 2015

Was ist so sexy an Berlin?




Bild: Das Brandenburger Tor 2012.
Foto: Lotse / Wikimedia Commons


 
Berlin zieht Menschen an wie ein Magnet.
Viele Leute möchten jetzt dort hin.
Sie möchten in Berlin leben.

Es sind nicht nur Deutsche.
Die Leute kommen aus den USA, aus Russland,
aus Israel...
Sie kommen aus Ländern, 
die besseres Wetter haben als Deutschland.
Und sie kommen aus Städten, 
die viel schöner sind als Berlin.

Neulich traf ich eine Französin.
Sie hat früher in Paris gewohnt.
In Paris!
Vor ein paar Jahren war sie einmal kurz in Berlin.
Da dachte sie:
Hier muss ich leben.
Sie hat extra Deutsch gelernt
und ist nach Berlin gezogen.
Jetzt arbeitet sie dort.

Ich finde das unglaublich.


Bild: Berlin Alexanderplatz 2003
Foto BLueFISH.as / WM commons


Berlin ist doch so hässlich!
Es ist schmutzig und chaotisch.
Überall sind Baustellen.
Man muss ewig auf die S-Bahn warten.
Und die Berliner sind oft unfreundlich.
Was ist denn an Berlin so toll?

Es gibt eine Antwort auf diese Frage.
Peter Schneider hat sie gefunden.



Bild: Der Schriftsteller Peter Schneider
Foto: Regani / Wikimedia Commons




Peter Schneider ist ein Schriftsteller.
Er hat ein Buch über Berlin geschrieben.

Foto mit freundlicher Genehmigung
vom Kiepenheuer und Witsch-Verlag


Er fragt: 
Warum wollen die Leute in Berlin leben?
Und er antwortet:
Schönheit ist nicht der Grund!

Andere Hauptstädte sind schöner als Berlin.

Andere Hauptstädte haben auch eine längere Geschichte.
Viele Generationen haben sie gebaut.

Aber jetzt sind sie fertig.
Und wenn man dort ist, dann fühlt man:
Diese Stadt ist schon perfekt. 
Ich kann sie bewundern.
Aber ich kann hier nichts mehr verändern.
Ich bin nicht wichtig.

In Berlin ist das anders.

Berlin hat nicht so eine lange Geschichte.
Und es wurde immer wieder um-gebaut. 

Berlin-Mitte war zuerst nur die Hauptstadt von Preußen. 
Im 18. Jahrhundert war es nur eine Siedlung beim Schloss des Königs.


Bild. Das alte Berliner Stadtschloss.
User Euromap/Wikimedia Commons.
1871 wurde das Deutsche Reich gegründet. 
Erst dann wurde Berlin die Hauptstadt von Deutschland.

Man baute neue Institutionen für das ganze Land.
Zum Beispiel den Reichstag.  


Bild: Der Entwurf für den Reichstag,  1882
Architekt: Paul Wallot.
Foto: Wikimedia Commons

Dann kam der erste Weltkrieg.
Er veränderte sowieso ganz Europa.
Danach wurde Deutschland eine Demokratie.
In Berlin tobten die Diskussionen.
Wie wollen wir leben?
Wie soll unser Staat aussehen? 
Man probierte viele neuen Ideen aus.

Dann kamen die Nazis.
Sie bauten Berlin wieder um.
Berlin sollte die Welt beeindrucken. 
Eine ganz neue Stadt sollte entstehen.
Mit riesigen Straßen und Gebäuden.
Dieses Berlin verschwand im Krieg.

Dann kam die deutsche Teilung.
Wieder bekam Berlin ein ganz neues Gesicht.
Aus einer Stadt wurden zwei Städte.
In der Mitte war eine Mauer.
An der Mauer blieben viele Flächen frei. 

Bild: Freie Flächen an der Mauer. Potsdamer Platz 1985
Foto: Willy Pragher / Deutsche Digitale Bibliothek.

Und dann kam die Wieder-Vereinigung...
Auf den freien Flächen entstehen jetzt neue Gebäude.

Berlin ist immer im Bau.
Das Wahrzeichen von Berlin ist nicht das Brandenburger Tor.
Das Wahrzeichen von Berlin ....ist ein Kran.
Bild: Der Berliner Fernsehturm. Und ein Kran.
Foto Arnis / Wikimedia Commons
Peter Schneider sagt:
Diese Atmosphäre macht Menschen kreativ.
Sie fühlen sich nicht so klein.
Sie denken:
Hier kann ich noch mit-reden.
Hier sind meine Ideen wichtig.
Hier ist mein Platz.

 

Was steht noch in dem Buch?


Das Buch erzählt:
 
Über welche Themen reden die Berliner?
Was fanden sie in den letzten 25 Jahren wichtig?
Wo wollten sie mit-reden?

Diese Themen interessierten natürlich nicht nur Berliner.

Aber oft war das Zentrum der Diskussion in Berlin. 
Und die Diskussion in Berlin war besonders lebhaft.

Zum Beispiel:

Soll die Berliner Mauer stehen bleiben,
obwohl sie ein Symbol der Unterdrückung ist?
Sollen wir das Stadt-Schloss wieder aufbauen,
obwohl es völlig zerstört ist?

Welche Gebäude sollen dort stehen, wo früher die Mauer war?
Sind Gebäude aus Glas und Stahl demokratisch?
Sind Gebäude aus Stein faschistisch?

Die Nazis haben Millionen von Menschen getötet.
Brauchen wir ein Denkmal für alle diese Menschen?
Oder soll es ein Extra-Denkmal für die Juden geben?

In der DDR haben viele Leute der Stasi Informationen geliefert.
Was machen diese Leute heute?
Muss man sie alle bestrafen?
Welchen Einfluss hat die Stasi heute noch?

Es gibt viel Rassismus in den neuen Bundesländern.
Woher kommt das?
Was können wir dagegen tun?
Und was machen wir,
wenn moslemische Migranten Juden beschimpfen?

Manche moslemischen Eltern lassen ihre Töchter nicht nach draußen gehen.
Ist das ihre Kultur? 
Müssen wir es respektieren?
Oder ist es eine Menschenrechts-Verletzung?
Müssen wir eingreifen?
Viele Menschen aus Süd-Deutschland ziehen nach Berlin.
Vor allem gibt es sehr viele Schwaben.
Ist es ok, wenn sie weiter schwäbischen Dialekt sprechen?
Müssen die anderen Berliner jetzt auch schwäbische Wörter benutzen?

In 25 Jahren gab es viele Themen.
Manche sind sehr ernst.
Über andere muss man jetzt schon lachen.
 
Peter Schneider erzählt über die Diskussionen.
Und er stellt Personen vor, die für das Thema wichtig waren.
Man erfährt viel darüber,
wie Intellektuelle in Deutschland heute denken.

Ich finde:
Der Titel passt nicht ganz zu dem Buch.
Denn es ist nicht nur ein Buch über Berlin.
Es erzählt ein Stück moderne deutsche Geistes-Geschichte. 



Wer ist Peter Schneider?

 

Bild: Peter Schneider.
Foto: Heinrich Böll-Stiftung / Wikimedia Commons







Peter Schneider kommt eigentlich aus Lübeck.
Aber er hat in West-Berlin studiert.
Das war in den 60er Jahren.
Seitdem lebt er dort.





In den 60er Jahren dachten viele Leute nur ans Geld.
Deutschland wieder aufbauen!
Geld verdienen!
Die Vergangenheit vergessen!
Die Politik war konservativ.
Manchmal sogar reaktionär.

Dagegen rebellierten viele Studenten.
Sie wollten Deutschland grundlegend verändern.
Der Kommunismus war ihr Ideal.
Das nennt man die Studenten-Bewegung.

Peter Schneider war in der Studentenbewegung sehr aktiv.
Er war ein Wort-Führer.

Dann beendete er sein Studium.
Er wollte Lehrer werden.
Aber er durfte nicht.
Er bekam Berufs-Verbot.
Das gab es damals auch in West-Deutschland.

So wurde Peter Schneider Schriftsteller.
Er hatte Erfolg und konnte davon leben.

Heute denkt er politisch nicht mehr so radikal wie früher.
Aber er beobachtet die deutsche Gesellschaft genau.
Und in seinen Büchern spielt Politik immer eine Rolle.
Das klingt langweilig...
aber Peter Schneider schreibt sehr interessant.

Früher hat Peter Schneider auch die DDR beobachtet.
In den 80er Jahren hat er gesagt:
In der DDR denken die Leute anders als in West-Deutschland.
Vielleicht gibt es einmal eine Wieder-Vereinigung.
Dann wird die Berliner Mauer verschwinden.
Aber die Mauer in den Köpfen wird bleiben.

Er hat Recht gehabt.
Und seinen Ausdruck Die Mauer in den Köpfen benutzt heute jeder.

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