Sonntag, 26. Oktober 2014

Ein alter Spruch


Zuerst das Original:

Ich bin und weiß nicht, wer.
Ich komme und weiß nicht, woher.
Ich gehe und weiß nicht, wohin.
Ich weiß nicht, warum ich so fröhlich bin.


Bild: Fröhliche Mädchen - Die klugen Jungfrauen im Magdeburger Dom.
Foto: Privat.
Jetzt in leichter Sprache:
 
Ich weiß nicht, wer ich bin.
Ich weiß nicht, woher ich komme.
Ich weiß nicht, wohin ich gehe.
Warum bin ich trotzdem so fröhlich?

Den Spruch habe ich von einem Freund gelernt.
Er ist schon sehr alt.
Seit dem Mittel-Alter hat man ihn immer wieder aufgeschrieben.
In Büchern und auf Grab-Steinen.
Jedes mal ein bisschen anders.

Über eines habe ich schon oft nachgedacht:
Warum lautet die Frage am Ende:
"Warum bin ich so fröhlich?"
Man könnte doch auch fragen:
"Warum bin ich oft so traurig?"

Man kann nicht in die Zukunft sehen.
Aber wer weiß?
Vielleicht bringt die Zukunft noch viel Schönes.

Bild: Ein trauriges Mädchen -
Törichte Jungfrau im Magdeburger Dom
Foto: Privat.

Sonntag, 19. Oktober 2014

Die Schild-Bürger



Schild-Bürger sind Leute aus der Stadt Schilda.
Schilda liegt in Deutschland.
Niemand weiß wo....
Aber viele Leute sagen:
Meine Stadt ist eigentlich Schilda.
Warum?

Lesen Sie diese Geschichten...


Die Schildbürger und ihr Rathaus

Die Schildbürger bauten ein neues Rat-Haus.
Sie wollten ein ganz besonderes Rathaus haben.
Alle anderen Städte sollten Schilda beneiden!



Ein Rathaus. Es liegt in der Stadt Grumbach. 
Das haben nicht die Schildbürger gebaut!
Foto: Norbert Kaiser / Wikimedia Commons.

Die Schildbürger überlegten nicht lange.
Sie beschlossen:
Unser Rathaus soll drei Ecken haben.
Nicht vier Ecken, wie die anderen Rathäuser.



Bild: Ein Rechteck. Es hat vier Ecken.
Darin sind zwei Drei-Ecke.
Foto: Arbol01/ Wikimedia commons.

Die Schildbürger begannen sofort mit dem Bau.
Sie bauten schnell.
Sehr schnell.
Schon nach kurzer Zeit war das Rathaus fertig.

Die Schildbürger gingen um das Rathaus herum.
Sie dachten:
Toll! Wir haben das einzige drei-eckige Rathaus im ganzen Land.
Nun wollen wir es einweihen.

Zur Einweihung machten sie ein großes Fest.
Alle Nachbar-Orte waren eingeladen.
Mit den Gästen gingen die Schildbürger in das neue Rathaus.

Aber im Rathaus war es ganz dunkel.
Es hatte keine Fenster.
Die hatten sie vergessen.

Da hatten die Schildbürger wieder eine Idee...

Sie riefen:
Jeder soll einen Sack bringen!
Oder einen Eimer!
Wir wollen Sonnen-Licht hinein füllen
und das Licht in unser Rathaus tragen.


Bild: Viele Säcke
Foto: FotothekBot / Wikimedia Commons


Bild: Ein Eimer.
Foto: 4028mdk09
Wahrscheinlich schleppen sie heute noch Eimer und Säcke.


Die Schildbürger und ihre Glocke


Die Schildbürger kauften für ihr Rathaus eine Glocke.
Dafür bezahlten sie viel Geld.

Sie hängten die Glocke im Rathaus-Turm auf.
Die Glocke klang laut und schön.



 
Bild: Glocke in dem Dorf Hohenpoelz.
Foto: Immanuel Giel / Wikimedia Commons
Da dachten die Schildbürger:
Oh je! Jeder kann unsere Glocke hören.
Ein Dieb könnte sie auch hören.
Er könnte sie stehlen.
Das müssen wir verhindern!
Wir müssen die Glocke verstecken!


Sie brachten die Glocke zu einem See.
Mit einem Boot fuhren sie aufs Wasser
und warfen die Glocke hinein.

  

Bild: Ein Boot auf einem See.
Foto: Force77 / Wikimedia Commons
Dann überlegten sie:
Wie können wir die Glocke später wieder finden?
Wir machen einfach ein Zeichen an das Boot.
Genau dort, wo wir die Glocke ins Wasser geworfen haben.
Sie schlugen eine Kerbe in das Boot.
Genau an der richtigen Stelle.
Dann fuhren sie zufrieden nach Hause.


Bild: Eine Kerbe in einem Stein.
Foto: StromBer / Wikimedia Commons
Später wollten sie die Glocke wieder holen.
Sie fuhren mit dem Boot auf den See.
Dann suchten sie unter der Kerbe nach der Glocke.
Aber die Glocke war nicht da.

Die Schildbürger wurden sehr böse auf die Kerbe.
Sie sagten:
Diese Kerbe lügt!
Wir müssen sie bestrafen!
Sie nahmen eine Axt
und schlugen die Kerbe.

Bild: Eine Axt
Foto: b.gliwa / Wikimedia Commons
Aber die Kerbe wurde nur größer und größer.

Diese Geschichten nennt man Schildbürger-Streiche.
Streich bedeutet:
Eine freche Tat von einem Kind.
Oder von einem kindischen Menschen.
Wenn jemand einen Streich spielt,
dann ärgern sich die Leute.


Schilda ist überall


Manchmal spielen Städte ihren Bürgern einen Streich.

Zum Beispiel ...


die Stadt Frankfurt am Main...








Dieser Weg ist ein Rad-Weg.
Aber er ist gleichzeitig auch ein Park-Platz




 
Foto: Eva K 2004 / Wikimedia Commons


... oder der Stadt-Teil Meidling bei Wien...







Bei Hoch-Wasser darf man hier nicht gehen.







Foto: Mayer Bruno / Wikimedia Commons 


... oder die Stadt Celle.






Die Rampe (der Weg) führt zu einem WC für Behinderte.

Aber Behinderte können sie nicht benutzen.






Foto Xocolatl/ Wikimedia Commons

Wenn man so etwas sieht, 
dann sagt man:
Das ist ja ein Schildbürger-Streich! 

Sonntag, 12. Oktober 2014

Flensburg - eine Stadt mit Straf-Punkten

Bild: Die Stadt Flensburg
Foto: VollwertBit /Wikimedia Commons

Letztes Wochen-Ende war ich in Flensburg.
Flensburg liegt ganz oben in Nord-Deutschland.
Es ist die nördlichste Stadt von Deutschland.

Gleich hinter Flensburg ist die Grenze zu Dänemark.
Deswegen leben in Flensburg viele Dänen.
Es gibt dänische Schulen und eine dänische Bibliothek.
Auf der Straße hört man Deutsch und Dänisch.
Natürlich auch ein bisschen Türkisch
und andere Sprachen. 

Bild: Im Flensburger Hafen. Vorne ist ein Boot mit der dänischen Flagge.
Hinten ist ein Boot mit der deutschen Flagge.
Foto: VollwertBit / Wikimedia Commons
Man sieht dort viele junge Leute.
Flensburg ist nämlich eine Universitäts-Stadt.
Es gibt auch eine Fach-Hochschule.



Bild: Die Norder-Straße in Flensburg. Dort hängen viele Schuhe.
Foto: privat.
In der Norder-Straße ziehen viele Leute ihre Schuhe aus.
Sie binden ein Paar Schuhe zusammen
und werfen es über ein Seil.
Zum Beispiel: 
Ein Schuh von mir und ein Schuh von Dir.
Zur Erinnerung an unsere Liebe.
Oder:
Meine alten Schuhe.
Weil ich gerade neue gekauft habe.



 Bild: Die Flensburger Förde.
Foto: Soenke Rahn / Wikimedia Commons
Flensburg liegt am Meer.
Genauer: an der Förde.
Das ist ein Teil der Ost-See.

In der Mitte der Stadt ist ein Hafen.
Dort liegen viele alte Segel-Schiffe.
Eine Promenade führt um den ganzen Hafen herum.
Man kann spazieren gehen und die Schiffe anschauen.

Bild: Alte Segelschiffe im Flensburger Hafen
Foto: Allie_Caulfield / Wikimedia Commons

In Restaurants und Cafes an der Promenade kann man essen.
Auf Bänken und Treppen kann man sitzen und schauen.
Abends sind immer viele Leute dort.
Dann gibt es oft Life -Musik.
Manche Leute machen ihre Ghetto-Blaster an und tanzen. 
Die Stimmung ist gut. 


Bild: Abend am Hafen in Flensburg
Foto: privat


Wer hat Angst vor Flensburg?


Aber:
Viele Leute bekommen ein komisches Gefühl,
wenn sie an Flensburg denken.
In Flensburg ist nämlich die Deutsche Verkehrs-Sünder-Datei.

Wenn man im Straßen-Verkehr einen Fehler macht, 
dann bekommt man Straf-Punkte in dieser Datei. 
Zum Beispiel,
  • wenn man fährt und gleichzeitig telefoniert.
  • wenn man zu schnell fährt
  • wenn man über eine rote Ampel fährt
Man kann nicht nur als Auto-Fahrer Punkte bekommen,
sondern auch als Rad-Fahrer.
Und sogar als Fuß-Gänger!

Drei Punkte in Flensburg - das geht noch.
Es kann ja mal ein Fehler passieren.
Aber: 
Wenn man acht Punkte in Flensburg hat, 
dann ist der Führerschein weg!


Samstag, 4. Oktober 2014

Die Wende

Foto: Wikimedia Commons

Das Wort "wenden" bedeutet: umdrehen.
Oder: Die Richtung ändern. 

Wenn man zuerst nach Osten fährt,

und dann nach Westen, 
dann hat man eine Wende gemacht.

Es gibt auch "Die Wende".

Das ist eine Zeit in der deutschen Geschichte.
Es ist die Zeit von 1989 bis 1990.

Damals gab es zwei deutsche Staaten.

Der eine Staat war die DDR.
Und der andere war die BRD.


Bild: BRD und DDR vor 1990.
Foto: Alexrk2 / Wikimedia Commons

 Die Wende passierte in der DDR.

Dort waren viele Leute unzufrieden.
Sie dachten:
Unser Staat will alles bestimmen.
Aber er macht viel falsch.
Wir dürfen aber nicht sagen, was falsch ist.
Wenn man es sagt, bekommt man Ärger.
Wir dürfen auch nicht in den Westen reisen
und sehen, wie die Leute dort leben.
Unsere Politiker meinen:
So ist es besser für das Volk.
Aber wir wollen eine andere Politik.
Und wir wollen frei sein.

Die Leute gingen auf die Straße.

Sie riefen:
"Wir sind das Volk!"
Zuerst am 2. Oktober 1989 in der Stadt Leipzig.
Und dann in vielen anderen Städten.
Immer mehr Leute gingen mit.
Die Regierung der DDR wurde nervös.


Was war der wichtigste Tag der Wende?


Wann war die Freiheit da?
 



Ich denke:
Es war der 9. November 1989.
An diesem Tag wurde "die Mauer" geöffnet.
"Die Mauer" bedeutet:
Die Grenze zwischen der DDR 
und der BRD.




Bild: Eine Mauer
Foto: Janericloebe / Wikimedia Commons



Bild: Die Mauer in Berlin, 1986
Foto: Thierrynoir / Wikimedia Commons

 Bild: Berlin im Dezember 1989. Vorne ist die BRD. Hinten ist die DDR.
Foto: SSGT F. Lee Corkran, DoD Photo USA / Wikimedia Commons
 

Die Leute konnten nun in den Westen reisen. 
Wenn man in West-Deutschland "die Wende" sagt,
dann denkt man an diesen Tag. 
Auch in Ost-Deutschland denken viele Leute so.


Aber man kann auch anders denken!

Zum Beispiel Joachim Gauck.
Er ist jetzt Bundes-Präsident.
Früher lebte er in der DDR.
Er war in der Bürger-Bewegung aktiv.


Joachim Gauck sagt:
Die Wende war der 4. Dezember 1989.
Dieser Tag war nämlich
der Anfang vom Ende der "Stasi".



Bild: Bundes-Präsident Joachim Gauck 2012
Foto: EnergieagenturNRW/ Wikimedia Commons

Was bedeutet Stasi?


Das Wort Stasi kommt von "Staats-Sicherheit".
Die Stasi war die Geheim-Polizei der DDR.
Sie suchte unzufriedene Menschen
und machte ihnen das Leben schwer.
Sie schrieb auch Informationen über diese Menschen auf.
Damit schrieb sie dicke Akten voll.


Bild: Stasi - Akten in Erfurt, 4. Dezember 1989.
Foto: Bundesarchiv / Wikimedia Commons

Dann kam der Herbst 1989.
Als immer mehr Menschen auf die Straße gingen
und riefen "Wir sind das Volk",
da bekam die Stasi-Leitung Angst. 


Bild: Demonstration in Ost-Berlin, 4. November 1989.
Foto: Bernd Settnik/ Wikimedia Commons

Sie sagte:
"Viele Akten brauchen wir nicht mehr.
Die Mitarbeiter sollen sie weg bringen und zerstören."

Das hörten die Bürger.

Am 4. Dezember gingen sie zu den Stasi-Zentralen.
Es waren viele tausend Menschen.
Zuerst in der Stadt Erfurt.
Und dann in anderen Städten.
Sie gingen in die Gebäude und sagten:
Niemand darf Akten weg bringen oder zerstören.
Wir wollen die Akten lesen.
Wir wollen wissen, 
was die Stasi über uns geschrieben hat.
Und wir wollen wissen, 
wer für die Stasi gearbeitet hat.

Die Menschen hatten keine Angst mehr vor der Stasi.

Für Joachim Gauck war das die Wende.

Das hat mich überrascht.


Ich habe früher im Westen gelebt.
Joachim Gauck hat im Osten gelebt.
Er hatte Erfahrungen mit der Stasi.
Ich nicht.
Das ist eben ein Unterschied.


Und wie ging es weiter?


Im Januar 1990 musste die Stasi aufhören. :-)
Sie durfte nicht mehr arbeiten.
Die Regierung der DDR hatte das gesagt.

Aber die Menschen waren noch nicht zufrieden.
Sie gingen weiter auf die Straße.
Sie riefen nicht mehr:
"Wir sind das Volk."
Jetzt riefen sie:
"Wir sind ein Volk."

Im März 1990 gab es Wahlen.
Die neue DDR-Regierung entschied:
Unser Land soll zur zur BRD gehören.
Am 3. Oktober 1990 wurden Ost-Deutschland und West-Deutschland wieder ein Land.
Die Wieder-Vereinigung war da.


25 Jahre Wende  

Dieses Jahr feiern wir Jubiläum.
Vor 25 Jahren fing die Wende an.

Es war eine friedliche Revolution.
Das gibt es nicht oft.
Viele mutige Bürger sind auf die Straße gegangen.
Sie wussten nicht, ob man auf sie schießen wird.
Sie wussten nicht, ob sie ins Gefängnis müssen.
Sie sind trotzdem gegangen.
Das bewundere ich.
Ich war nicht dabei.
Aber ich bin trotzdem stolz darauf.


Mehr Informationen über die Wende


Möchten Sie mehr über die Wende wissen?
Hier gibt es viele Informationen.
Vielleicht auch in Ihrer Mutter-Sprache.

http://de.wikipedia.org/wiki/Wende_und_friedliche_Revolution_in_der_DDR