Samstag, 1. Dezember 2018

Das Abendlied von Matthias Claudius

 Matthias Claudius


Heute möchte ich Ihnen ein Gedicht vorstellen.
Viele Leute lieben es.

Es ist ein Gedicht, aber es ist auch ein Lied.
Das Lied kennen schon die Kinder.
Eltern singen es manchmal am Abend,
damit die Kinder gut schlafen.

Der Text ist einfach.
Aber ein Kinderlied ist es nicht.



Abend in den Bergen. Der Mond geht auf.
Foto: qwesy qwesy / Wikimedia Commons


Das Gedicht heißt "Abendlied".
Es erzählt:

Der Mond ist aufgegangen.
Man kann die Sterne am Himmel gut sehen.
Sie sind wie Gold: hell und klar.

Der Wald ist schwarz.
Dort hört man nichts.
Die Vögel singen nicht mehr:
Sie schweigen.

Über den Wiesen ist es weiß.
Das ist Nebel.
Es sieht wunderbar aus.

Aus der Wiese steigt Nebel (der Nebel, -).
Hinten ist ein Wald (der Wald, ̈- er).
Foto: Ragnar 1904 / Wikimedia Commons



Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.

So geht es weiter:

Die Welt ist so still!
Jetzt ist die Dämmerung zwischen Tag und Nacht.
Sie hüllt uns ein wie eine Decke.
Man sieht nur noch die Dinge in der Nähe,
die man gut kennt und liebt.
Das gibt uns ein gutes Gefühl,
wie in einem Zimmer,
wo wir schlafen
und unsere Sorgen vergessen.



Wie ist die Welt so stille
Und in der Dämmrung Hülle
So traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt.
als = wie
des Tages Jammer = der Jammer (die Probleme) von diesemTag


Der Mond ist aufgegangen.
Künstler: Ludwig Richter, 1856.
Wikimedia Commons

Und das ist die dritte Strophe:

Seht ihr den Mond?
Er steht dort oben.
Man kann ihn nur halb sehen.
Aber er ist trotzdem rund und schön.
So ist es mit vielen Dingen!
Wir lachen über sie,
weil wir sie nicht ganz sehen können.


Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen
Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsere Augen sie nicht sehen.



Pssst....
Hier höre ich auf ...
Das Gedicht geht noch weiter,
aber die Stophe mit dem Mond ist ein gutes Ende.



Matthias Claudius



Matthias Claudius (1740-1815)
Bild aus dem Buch: Hans Wahl/Anton Kippenberg
"Goethe und seine Welt", Leipzig 1932.
Wikimedia Commons

Matthias Claudius war ein Dichter und Journalist.
Als junger Mann lebte er in Wandsbek bei Hamburg.
Er arbeitete bei der Zeitung "Der Wandsbecker Bote".
Claudius machte dort die Kultur-Seite.
Dafür sprach er mit vielen bekannten Leuten.
Er druckte ihre Texte.
Er schrieb auch selbst.
Die Zeitung und er selbst wurden in ganz Deutschland bekannt.
Wndsbek (alt: Wndsbeck)

Nach ein paar Jahren hatte die Zeitung kein Geld mehr.
Sie konnte nicht mehr erscheinen.
Da nannte Claudius sich selbst "Der Wandsbecker Bote".
Er veröffentlichte weiter eigene Texte unter diesem Namen.



Das Wappen (Wppen, -) von Wandsbek.
Graphik: Wikimedia Commons

So machte Matthias Claudius Wandsbek in Deutschland bekannt.
Zum Dank gab sich Wandsbek 1877 ein neues Wappen.
Es zeigt die Tasche, den Stock und den Hut von einem Boten.
Das alte Wappen von Wandsbek war ein Schwan.
Man kann es oben in der Ecke noch sehen.




Warum ist das Abendlied so beliebt?


Claudius hat viele schöne Gedichte geschrieben.
Aber das Abendlied ist bekannter als alle anderen.
Wie kommt das?
Ich glaube, es liegt am Inhalt und an der Melodie. 

Das Leben von Claudius war nie einfach.
Er hatte wenig Geld, aber viele Kinder.
Er war nicht sehr gesund.
Viele Menschen, die er liebte, starben.

In seinen Gedichten schrieb er davon.
Aber er jammerte nicht.
Er sah einen Sinn im Leben.
Er war sehr gläubig.
Das half ihm.
Seine Sprache war einfach,
auch wenn er von schwierigen Dingen sprach.
Zum Beispiel vom Tod, von Krankheit oder von großen Fehlern. 
Das tut er auch im Abendlied...

Aber das Abendlied hat noch etwas:
Eine Melodie.
Auch sie ist einfach, aber schön.
Ein Freund von Claudius hat sie geschrieben:
Johan Abraham Peter Schulz.
Er war damals ein bekannter Komponist. 
Durch die Melodie von Schulz wurde das Gedicht ein Evergreen.



Johan Abraham Peter Schulz (1747-1800)
Künstler: Rabanus Flavus
F. Jügel / Wikimedia Commons


Hier können Sie das Lied hören:
https://youtu.be/sFTzBc6CA7Q


Bild: Denkmal für Matthias Claudius in Hamburg-Wandsbek.
Künstler: Waldemar Otto, 2015.
Foto: Roland h. Bueb / Wikimedia commons

Wortliste
aufgehen, ging auf, aufgegangen = (Sonne oder Mond) über den Horizont steigen.
glden = aus Gold / so, dass die Farbe wie Gold ist.

prngen = so sein, dass man es gut sehen kann.
der Nebel, - = (siehe Bild)
schweigen, schwieg, geschwiegen = nichts sagen / still sein.
wnderbar = so schön, dass man es nicht glauben kann.
die Dämmerung, -en = Zeit zwischen Tag und Nacht.

die Hülle, -n = Tuch oder Papier. Man legt es um ein Ding herum, damit es nicht kaputt geht / Verpackung.
traulich = (altes Deutsch) gut bekannt (heute: vertraut).
hold = (altes Deutsch) lieb.
die Kmmer, -n = Zimmer.
der Jmmer, - = Sorgen / Ängste / Probleme
zu sehen sein = so sein, dass man es sehen kann.
die Strophe, -n =  Sätze in einem Gedicht, die zusammen gehören.

wohl = (hier:) sicher, bestimmt.
getrost = (altes Deutsch) ohne Angst / ohne Sorge.
belchen = auslachen / über etwas lachen.
Psst! = Bitte sei leise!


der Dchter, - = Person. Sie schreibt Gedichte.

der Bote, -n = Person. Sie bringt Briefe und Nachrichten.
die Seite, -n = Ein Blatt Papier hat zwei Seiten.
erscheinen, erschien, erschienen = (Buch/Zeitung) heraus kommen. 
veröffentlichen = (Buch/ Text/ Nachricht) heraus bringen.
der Schwan, ̈-e = Wasservogel. Er hat einen langen Hals.
es liegt an ~ = es kommt von ~
jmmern =  (zu) viel über Probleme reden.
der Snn, -e = Bedeutung.

gläubig = so, dass man an Gott glaubt / so, dass man religiös ist. 
auch wnn = obwohl, trotzdem.
die Melodie, Melodi´en = die Musik von einem Lied.
der Komponst, -en = Person. Sie schreibt neue Musik.
der Evergreen, -s (sprich: wergrien) = Ein Lied oder eine Melodie, die immer beliebt ist.



Liebe Leute
im Moment arbeite ich viel.
Ich schreibe nicht so oft an meinem Blog.
Trotzdem lesen ihn jeden Tag viele Leute.
Sie lesen die alten Blogposts.
Darüber freue ich mich sehr.
Vielen Dank!

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